Steinkäuze im Aufwind
Die Steinkauz-Schützer der Forschungsgemeinschaft zum Schutz einheimischer Eulen e.V. (FOGE) ziehen für das Jahr 2020 eine positive Bilanz: Im Kreis Ludwigsburg wurden so viele Steinkäuze nachgewiesen wie noch nie. 315 Brutpaare der deutschlandweit als gefährdet geltenden Eule konnten dieses Jahr im Landkreis gezählt werden. Auch beim Nachwuchs wurden Bestmarken erreicht: Die FOGE rechnet damit, dass dieses Jahr eine Rekordzahl von insgesamt 882 Jungvögeln flügge geworden ist. 789 Jungkäuze wurden von Mitgliedern der FOGE, die zugleich ehrenamtliche Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzell sind, noch vor dem Ausfliegen beringt.
Erfolge für Wissenschaft und Artenschutz durch ehrenamtliches Engagement
Ohne den ehrenamtlichen Einsatz engagierter Artenschützer wäre der Steinkauz in der Region bereits ausgestorben. 1988 konnten bei einer Bestandserfassung im Landkreis nur noch acht verstreut lebende Brutpaare nachgewiesen werden. Die einst starke Population war kurz vor dem Erlöschen. Der Grund war der Mangel an Nistmöglichkeiten: Als Höhlenbrüter ist der Steinkauz in Mitteleuropa auf Baumhöhlen angewiesen. Die von Streuobstwiesen mit alten, höhlenreichen Obstbäumen geprägte Kulturlandschaft in Württemberg bildete daher über Jahrhunderte hinweg einen idealen Lebensraum. Ab den 1950er Jahren ging es dann rapide bergab: Bis in die 1970er Jahre wurden Prämien für die Rodung von Hochstammobstbäumen gezahlt, um den profitableren Plantagenanbau mit niedrigstämmigen Obstbäumen zu fördern. Das ist zum Glück bereits Geschichte. Die Umwandlung von Streuobstwiesen in Neubaugebiete oder Ackerland ist aber auch heute noch ein Problem. 1988 entschloss sich der FOGE-Gründer Herbert Keil aus Oberriexingen daher, ein kreisweites, wissenschaftlich gestütztes Schutzprogramm für den Steinkauz aufzubauen. In geeigneten Lebensräumen wurden in Obstbäumen Niströhren installiert – mittlerweile sind es über 750 davon, in allen Teilen des Landkreises. Seit Projektbeginn vor über 30 Jahren wird zudem in Zusammenarbeit mit der Vogelwarte Radolfzell eine brutbiologische Untersuchung unternommen. Durch die Beringung von Jungvögeln konnten damals wie heute wertvolle Daten gewonnen werden, welche letztendlich als Basis für die Weiterentwicklung von Schutzmaßnahmen verwendet werden.
Unterstützung von vielen Seiten
Hinter alledem steckt einiges an Arbeit – und Kosten: Alleine die Herstellung und das Anbringen der Niströhren an geeigneten Standorten bedeutet einen immensen Aufwand. Hinzu kommt, dass jede Nisthilfe im Rahmen der brutbiologischen Untersuchungen, zur Reinigung und ggf. zur Reparatur mehrmals pro Jahr aufgesucht werden muss. Die FOGE ist daher dankbar für die mittlerweile schon über 20 Jahre andauernde Unterstützung durch die Firma Ensinger Mineral-Heilquellen GmbH, bei welcher Nachhaltigkeit und Naturschutz fest in der Unternehmensphilosophie verankert ist. Frank Lehmann, Geschäftsführer bei Ensinger: “Dieses Projekt ist uns allen eine Herzensangelegenheit. Von dem unermüdlichen ehrenamtlichen Engagement der FOGE können wir alle nur den Hut ziehen. Es ist uns eine außerordentliche Freude, den Vertrag mit der FOGE um weitere fünf Jahre zu verlängern.“ Zu den wichtigsten Kooperationspartnern der FOGE gehört zudem die Untere Naturschutzbehörde in Ludwigsburg. An diese werden jedes Jahr alle bekannten Brutreviere gemeldet, so dass bei Planungsvorhaben Rücksicht auf den Steinkauz genommen werden kann.
Der Steinkauz bleibt bedroht – trotz aller Schutzmaßnahmen
Die seit Jahren steigenden Bestandszahlen des Steinkauzes im Kreis Ludwigsburg dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Schicksal der kleinen Eule am seidenen Faden hängt. Ohne menschliche Hilfe könnten sich in der heutigen Kulturlandschaft kaum noch stabile Populationen erhalten. Fast überall in Deutschland gilt: Dort, wo keine gezielten Schutzmaßnahmen getroffen werden, verschwindet die Art. Das Aufhängen von Niströhren alleine wird langfristig nicht ausreichen, um dem Steinkauz zu helfen: Die heißen Sommer der letzten Jahre haben vielen Obstbäumen so sehr zugesetzt, dass sie frühzeitig absterben (siehe Foto). Für Steinkauz-Schützer wird es damit immer schwieriger, überhaupt noch vitale Bäume zu finden, welche als Standort für Nisthilfen geeignet sind. Die FOGE appelliert daher an Landwirte und Eigentümer von Streuobstwiesen, ihre alten Bestände zu pflegen und durch die Neupflanzung hochstämmiger Obstbäume vorzusorgen, damit der Steinkauz im Kreis Ludwigsburg eine Zukunft hat.
Brutbiologische Daten
Eine statistische Zusammenfassung zu den brutbiologischen Daten und der Bestandsentwicklung des Steinkauzes im Kreis Ludwigsburg von 2007 bis 2020 ist als Download verfügbar.